12.05.2010 23:21


Stiefel, seid bereit? Pt. 1

Eine deutsch-amerikanische Freundschaft

Heutzutage lacht man ja gerne über die radebrechten und kruden Versuche unserer Ahnen, sich der Kultur aus Übersee kompetent zu stellen. Aber da muss ich doch gleich den Finger heben und laut Stopp! rufen, denn sooo blauäugig und unbeholfen war man damals nicht. Es ist auch gerne ein sehr westdeutsches Klischee, dass man unter der Fuchtel der jeweiligen Besatzungsmacht die Weisheit mit Löffeln gefressen hat, die Nachkömmlinge dieser Spezialisten - diese aber aus Ost UND West - betonen auch gerne, dass sie im Apple Store „was purchased, also gekauft“ haben und rollen publikumswirksam die Augen, wenn jemand das Wort „Ami“ sagt.
Man darf nicht vergessen, dass auch im Hier und Jetzt solche Typen vom Schlage eines Moritz Volz Mangelware, ja fast „one in a million“ (höhö) sind. Dieser junge, sympathische Herr ist nicht nur ein Deutscher mit Sinn für Humor, nein, er ist ein deutscher Fußballer mit Sinn für Humor (!!!), der dafür von den Briten sogar mit einer Kolumne in der Times beschenkt wurde, in welcher er unter anderem die kleinen aber feinen Unterschiede des Inselvolkes gegenüber den Teutonen abhandelt. Die Klischees (Ü-Ei, Lederhose, Hasselhoff) sind natürlich omnipräsent, Extralob gebührt aber Volz dafür, dass er stets Herr der Lage ist und sich nicht von seinen eigenen kleinen Mönsterchen auffressen lässt. Obwohl er im Ton eher drollig als scharf ist, ist er auf jeden Fall einen Abstecher wert, www.volzy.com darf als eine der wenigen guten und unterhaltsamen Fußballer-Webseiten gelten. Wer mir das nicht glaubt, der schaue sich mal die Galerie auf www.tim-wiese.de an. Obwohl die auf ihre Weise auch schon wieder sehr vergnüglich ist.
Zurück zur anderen kulturellen Grenzüberschreitung. Wer war in der DDR eigentlich für anglophone Pop- und Rockmusik verantwortlich (außer Robert Stadlober)? Verboten war das ja nicht unbedingt alles, man bekam für die neue Chris Rea auch keine Peitschenhiebe oder das Telefon wieder entwendet, da war ja schließlich die Mucke schon Strafe genug. Das wusste auch die Stasi. OK, jetzt aber, wer hielt die heißen Eisen aus USA und England weltmännisch in der Hand? Ich sag es euch. Es waren die Redakteure von AMIGA, seines Zeichens Vertrieb für alles, was poppig glitzerte und rockig glämmerte. Und jede Platte hatte auf dem Backcover ein Presse- und Kundeninfo aufgedruckt. Dass der Rock’n’ Roll nicht deus ex machina-mäßig aus der Hüfte Elvis Presleys gespritzt kam, waren Grundkenntnisse, was sich auch in der musikalischen Basisarbeit des Sortiments niederschlug. Auf „Glory Halleluja“, einer Sammlung von Spirituals, eingesungen vom Golden Gate Quartet, wird dem geneigten Hörerleser gleich mal klargemacht, wer hier kulturwissenschaftlich die echten Jeanshosen anhat:
„Wenn Theodor W. Adorno der Meinung war, dass die Negro Spirituals ‚als Sklavenmusik die Klage über Unfreiheit mit deren unterwürfiger Bestätigung verbunden haben’, übersah er dabei die konkreten gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen die Neger diese Spirituals gesungen haben.“
Eben, Adorno, hast wohl nicht richtig aufgepasst, was? Jetzt mal in Deckung gegangen und die Lauscher aufgesperrt, bevor du wieder über jedes noch so kleine Kinkerlitzchen zig(!!!) Aufsätze schreibst, kommste mal der AMIGA-Posse nicht in die Quere, sonst siehst du, mein lieber Herr Gesangsverein, mal ganz schnell die Schattenseiten der New Yorker Skyline und was uns sonst noch so einfällt! Unterwürfig? Tschuldigung, aber hab ich da etwa unterwürfig gehört? Ich glaub’, wir kommen mal zu Hause bei dir vorbei, und zwar alle, die derbsten bitches & hoes zwischen Rostock und Görlitz, die krassesten gangstas & hustlers aus downtown Erfurt und den Straßen von Bitterfeld, und müssen dir mal dringlichst „mit einem Backblech die 10 Gebote der Demut in die Fresse massieren“ (J. Palminger). Word!
Puh, wie man sich in Rage reden kann! Erstmal runterkommen. Fühl mich voll sick, ey! Was hat die AMIGA-Bibliothek in solch einem Falle parat?

Lesen Sie in Teil 2, wie es weitergeht.....



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