21.11.2009 10:55


Mit 18 Jahren ist man erwachsen

Zur Trennung von Oasis. Der erste Teil des Jahresrückblicks des Popjahres 2009.

Man musste erstmal abwarten, ob es sich dieses Mal wieder so verhält wie vor 9 Jahren, vor 13 Jahren, vor 15 Jahren. Oasis haben sich getrennt – endgültig, wie dem geneigten Fan von Noel Gallagher auf der offiziellen Webseite mitgeteilt wurde. Was dieses Mal aber wirklich anders war, war die erschreckende Sachlichkeit, mit der das Ende dieser stets absolut unsachlichen, emotionalen, anachronistischen, selbstzerstörerischen und grandios arroganten Band aus Manchester besiegelt wurde. Die beiden Protagonisten und ungleichen Brüder Liam und Noel, die zwei letzen Prototypen des Rockstars, der für seine Skandale genauso geliebt wird wie für sein künstlerisches Schaffen, sind entzweit und haben in unfassbar schneller Zeit offensichtlich komplett miteinander abschließen können. Diese Art von Businessman-Mentalität, die wie ein Virus die Rockstars dieses Jahrzehnts befallen zu haben scheint und das Zelebrieren der Unvernunft ins Aus katapultiert hat, passt so gar nicht zu dieser Band und das ist wahrscheinlich mit einer der Gründe, warum es jetzt vorbei sein muss. Die Gebrüder Gallagher, trotz mehrfacher Vaterschaft und festen Bindungen immer ausgestattet mit einer gesunden Portion Restzorn, sind ohne den Drang und das Feuer, stetig den Titel der ‚besten Band der Welt’ verteidigen zu müssen, genau das, was keiner braucht.
Dabei schien vor allem in künstlerischer Hinsicht endlich eine Linie gefunden. Die Songs wurde nicht mehr nur von Noel geschrieben, auch der Rest der Band, Liam, Gem Archer und Andy Bell, trugen Songs bei, die endlich auf dem letzten Album der Band „Dig Out Your Soul“ qualitativ keine augenscheinlichen Abstiege zu denen von Primus Noel mehr erkennen ließen - wie es auf den beiden Veröffentlichungen davor ab und zu der Fall war. Oasis emanzipierten sich in ähnlicher Weise wie der schweizerische Schriftsteller Christian Kracht mit seinem letzten Roman „ „Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten“ von ihrer Vergangenheit: Beiden war ihr Pop der Neunziger scheißegal geworden.
Nicht, das wir uns falsch verstehen. Die Songs, die Oasis in den 90ern produzierten waren in ihrer Euphorie, Sehnsucht, Melodieseligkeit, Kleptomanie und Arroganz Glücksfälle des Pop, ein transatlantisches Aufbäumen nach der Grungedepression des Jahres 1994. Singles wie „Supersonic“ und „Live Forever“ machten klar, dass das Erbe von großen Singlebands britischer Tradition wieder aufgenommen wurde und das Debüt „Definitely Maybe“ vereinte die Rotzigkeit der Sex Pistols mit den Hooks der oft zitierten Beatles oder eben solcher Bands wie die Stone Roses und The La’s - letztere beides Bands, die einfach 5 Jahre zu früh kamen.
Stattdessen inthronisierten sich Oasis selbst als Könige des Britpop, spätestens mit der Veröffentlichung des zweiten Albums „(What’s the Story) Morning Glory?“ und dem damit verbundenen Sieg im Wettstreit mit Blur, jene Band, die sich ironischerweise genau dieses Jahr wieder reformiert hat. „Morning Glory“ war der Schritt hinaus in die Welt, „Wonderwall“ und „Don’t Look Back in Anger“ sind immer noch genau jene Rausschmeißer in den Discos, die das Euphorielevel eben noch mal anheben und live, tja, da wird der Gig zur Messe. Den Beweis traten Oasis mit zwei ausverkauften Stadionkonzerten im April 1996 an, als sie die Maine Road, Stadion des von den Gallagher-Brüdern so heiß geliebten Manchester City. Welche andere Band sonst noch fängt ein Konzert mit 2 B-Seiten an und lässt trotzdem alle ausflippen? Da wo Oasis waren, war oben.
Auch die von der Presse teilweise verrissenen Nachfolgeralben taten dem Fanatismus der Anhängerschaft keinen Abbruch. Und dennoch: Selbst das kokaingeschwängerte „Be Here Now“ (Liam: „The best one“), das dürftig modernisierte „Standing On the Shoulder of Giants“ und die Nabelschau „Heathen Chemistry“ hatten ihre Momente.
Und das ist jetzt wohl vorbei. Liam will anscheinend ohne Noel weitermachen. Noel will Fußball gucken. Für Januar ist ein Gespräch vereinbart. Liam und Noel plus Mama Gallagher - um Schlägereien zu verhindern. Michael Jackson ist tot, Oasis haben sich getrennt. Liebe Kinder der 90er, es ist Zeit, erwachsen zu werden.

Kauft sich keine Jacke von Pretty Green:

Baron v. Schuldenberg



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